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Die Bundesministerin Karliczek täuscht oder irrt gewaltig Kürzlich wurden die Ergebnisse der LEO Studie 2018 veröffentlicht. Demnach soll es im Vergleich zur LEO Studie 2011 eine Verringerung der Funktionalen Analphabeten von 7,5 Millionen auf 6,2 Millionen gegeben haben. Zu dieser inzwischen „Menschen mit geringer Literalität“ benannten Gruppe gehören all jene, die zwar einzelne Sätze lesen oder schreiben können, aber keine zusammenhängenden Texte verstehen, auch keine kürzeren. Die Bundesbildungsministerin Anja Karliczek freute sich und interpretierte den Rückgang der Betroffenen auf ihre Weise: Es sei wunderbar, dass es im Vergleich zu früher über eine Million weniger Menschen gäbe, die nicht ausreichend lesen und schreiben könnten. „Das ist ein Erfolg, den unser Bildungssystem in den letzten Jahren geschafft hat.“ (1) Diese Schlussfolgerung ist schlicht falsch Prof. Dr. Heike Solga, Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung (WZB), Sprecherin des Beirats der LEO-Studie, schreibt in ihrer Präsentation dagegen, das Ergebnis bedeute nicht, dass in dem Zeitraum eine Million Menschen lesen und schreiben gelernt hätten. Zitat aus der Studie: „Der Unterschied zwischen LEO 2018 und 2010 ist minimal und nicht signifikant. (…) Das heißt, wenn die Bevölkerungszusammensetzung 2010 so gewesen wäre wie 2018, hätte sich der Anteil gering literalisierter Erwachsener nicht verändert.“ (2) Auf Erfolge der Bildungspolitik zu verweisen, verbietet sich In der Iglu-Studie „2016 erreichen 18,9 Prozent der Schülerinnen und Schüler in Deutschland nicht die Kompetenzstufe III. Diese Kinder verfügen über ein nicht ausreichendes Leistungsniveau im Lesen. Es ist davon auszugehen, dass sie mit erheblichen Schwierigkeiten beim Lernen in allen Fächern in der Sekundarstufe I konfrontiert sein werden.“ (3) 2001 verfehlten noch 16,9 Prozent der deutschen Viertklässler das Mindestniveau beim Lesen. (4) Die Iglu-Studie 2016 belegt also, dass sich die Leseleistungen der Schüler*innen seit 2001 nicht verbessert, sondern sogar verschlechtert haben. 5,9% der Schüler*innen haben im Jahr 2015 die Schule ganz ohne Schulabschluss verlassen, also über 47.000 Jugendliche! Das waren mehr als in den Jahren zuvor. (5) Die Zahlen zeigen, dass unser Bildungssystem nach wie vor jährlich zigtausende weitere „funktionale Analphabet*innen“ erzeugt. Diese Hintergründe sollte die Bundesministerin kennen. Sie aber behauptet: „Der erfreuliche...
Die Bundesministerin Karliczek täuscht oder irrt gewaltig Kürzlich wurden die Ergebnisse der LEO Studie 2018 veröffentlicht. Demnach soll es im Vergleich zur LEO Studie 2011 eine Verringerung der Funktionalen Analphabeten von 7,5 Millionen auf 6,2 Millionen gegeben haben. Zu dieser inzwischen „Menschen mit geringer Literalität“ benannten Gruppe gehören all jene, die zwar einzelne Sätze lesen oder schreiben können, aber keine zusammenhängenden Texte verstehen, auch keine kürzeren. Die Bundesbildungsministerin Anja Karliczek freute sich und interpretierte den Rückgang der Betroffenen auf ihre Weise: Es sei wunderbar, dass es im Vergleich zu früher über eine Million weniger Menschen gäbe, die nicht ausreichend lesen und schreiben könnten. „Das ist ein Erfolg, den unser Bildungssystem in den letzten Jahren geschafft hat.“ (1) Diese Schlussfolgerung ist schlicht falsch Prof. Dr. Heike Solga, Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung (WZB), Sprecherin des Beirats der LEO-Studie, schreibt in ihrer Präsentation dagegen, das Ergebnis bedeute nicht, dass in dem Zeitraum eine Million Menschen lesen und schreiben gelernt hätten. Zitat aus der Studie: „Der Unterschied zwischen LEO 2018 und 2010 ist minimal und nicht signifikant. (…) Das heißt, wenn die Bevölkerungszusammensetzung 2010 so gewesen wäre wie 2018, hätte sich der Anteil gering literalisierter Erwachsener nicht verändert.“ (2) Auf Erfolge der Bildungspolitik zu verweisen, verbietet sich In der Iglu-Studie „2016 erreichen 18,9 Prozent der Schülerinnen und Schüler in Deutschland nicht die Kompetenzstufe III. Diese Kinder verfügen über ein nicht ausreichendes Leistungsniveau im Lesen. Es ist davon auszugehen, dass sie mit erheblichen Schwierigkeiten beim Lernen in allen Fächern in der Sekundarstufe I konfrontiert sein werden.“ (3) 2001 verfehlten noch 16,9 Prozent der deutschen Viertklässler das Mindestniveau beim Lesen. (4) Die Iglu-Studie 2016 belegt also, dass sich die Leseleistungen der Schüler*innen seit 2001 nicht verbessert, sondern sogar verschlechtert haben. 5,9% der Schüler*innen haben im Jahr 2015 die Schule ganz ohne Schulabschluss verlassen, also über 47.000 Jugendliche! Das waren mehr als in den Jahren zuvor. (5) Die Zahlen zeigen, dass unser Bildungssystem nach wie vor jährlich zigtausende weitere „funktionale Analphabet*innen“ erzeugt. Diese Hintergründe sollte die Bundesministerin kennen. Sie aber behauptet: „Der erfreuliche...