Vorschau:
Franz Kafkas „Der Verschollene“ ist im nächsten Abitur Teil des sogenannten Werkvergleichs. Das ist, das muss man so sagen, ein Brett, da Kafka sowieso schon nicht leicht zu lesen ist, dieses Werk aber mehrere hundert Seiten umfasst. Wenngleich es Lektüreschlüssel und Lehrerbände gibt, fokussieren diese doch nicht auf das eigentliche Aufgabenformat – eine literarische Erörterung als Vergleich. Aus diesem Grund möchte ich an dieser Stelle einige unvollständige Deutungsansätze vorstellen, die sich aus dem Gespräch mit meinem kritischen Kurs ergeben haben. Alle Angaben sind ohne Gewähr. Damit ist auch gemeint, dass die hier vorgeschlagenen Themen und Deutungsansätze nicht von Literaturwissenschaftlern stammen, sondern aus dem gemeinsamen Gespräch entstanden sind. Die Ansätze sind unter Schlagworten zusammengefasst, die gleichsam als Orientierungspunkte zu sehen sind. Zusammenhangslosigkeit Beim ersten Lesen erscheint der Roman zusammenhangslos. Das hat zwei Gründe: Zum einen handelt es sich um ein Fragment, das nicht fertiggestellt wurde. Die letzten Episoden machen dies deutlich, indem beispielsweise Figuren wie „Fanny“ wiedererkannt werden, die Lesenden diese aber noch gar nicht kennengelernt haben. Zum anderen ist diese Zusammenhangslosigkeit aber nur eine scheinbare. Sie spiegelt die Orientierungslosigkeit einer in den sozialen Abgrund taumelnden Figur wider, die selbst oft nicht weiß, wie ihr geschieht. Damit sind die Episoden zwar lose miteinander verknüpft – aber sie bleiben verknüpft, beispielsweise dadurch, dass die Struktur des Romans immer wieder zwischen Übergängen, Konflikten und Phasen scheinbarer Ruhe wechseln. Autonomie vs Heteronomie Autonomie bezeichnet Selbstständigkeit, also die Fähigkeit, in Situationen aufgrund der eigenen Möglichkeiten zu entscheiden. Heteronomie ist das Gegenteil. Es...