Vorschau:
Franz Kafkas Parabel “Vor dem Gesetz” aus dem Jahr 1914 ist einer der bekanntesten Texte des deutschsprachigen Ausnahmeschriftstellers. Dies impliziert zunächst einmal, dass eine Interpretation ohne Recherche, wie ich sie hier (zunächst) vornehmen möchte, nicht ohne eine gewisse Ignoranz der Forschungsliteratur und bestehender Interpretationsansätze geschrieben werden kann. Kurz: Eine solche Interpretation muss Stückwerk bleiben. Dennoch möchte ich meinem Kurs eine solche Interpretation zu lesen geben, nicht zuletzt, um zu zeigen, inwiefern auch eine nicht an einer konkreten “Übersetzung” orientierte Deutung zu sinnvollen Zugängen führen kann. Besonderes Augenmerk wird hierbei auf die Einordnung der Textart gelegt, die als Zwischenschritt zwischen Einleitung und Hauptteil gefordert wird. Kritische Anmerkungen zur Interpretation sind herzlich willkommen.  Anmerkung zur Vorgehensweise In Schulen werden textimmanente Interpretationen gefordert. Das heißt, dass oftmals keine biographischen Informationen zu Kurztexten vorliegen oder gelernt werden können. Nur epochales Wissen liegt vor. Damit die folgende Interpretation diesem Standard gerecht wird, schreibe ich eine Interpretation, die keine weiteren Informationen beinhaltet, außer jenen, die mir ohnehin bekannt sind. Dies mag dazu führen, dass sich die Interpretation außerhalb universitärer Anforderungen bewegt, gleichsam aber – so meine Hoffnung – Schüler*innen, vor allem der Oberstufe, einige gewinnbringende Impulse bieten kann. Dass ich den Beitrag “Musterinterpretation” nenne, hat weniger mit den unverrückbaren Thesen zu dem Text zu tun – Kafkatexte beinhalten grundsätzlich unterschiedliche Deutungsspielräume -, sondern bezieht sich auf die Struktur der Gesamtinterpretation. Anmerkung zur Interpretation von Kafka-Texten Aus meiner Sicht ist die Interpretation eines Textes von Kafka, zumindest wenn es um seine literarischen Texte – seine Erzählungen, Parabeln...